Kapitel 24 - Ein herzliches Wiedersehen
„Nun ja… was das angeht, da muss ich Sie leider enttäuschen.", unterbrach Conan.
„Hä?"
„Was?", fragten der Inspektor und Takagi gleichzeitig.
„Das ist lange kein Beweis dafür, dass es sich um einen Mord handelt.", sagte er.
„Wenn du es so sagst, könntest du Recht haben, Kleiner."
„Genau. Denn solange diese Schrauben weder am Tatort, noch bei einem der drei Personen hier gefunden werden, müssen wir einen Mord ausschließen. Anders geht es nicht."
„Erstaunlich, dass mir das nicht früher eingefallen ist…", murmelte Sato und sah sich das Innere der Seitenräder an. Dann wandte sie sich zum Polizisten, der sie zum Erdgeschoss gebracht hatte.
„Konnte im Umkreis des Aufzuges sonst noch etwas gesichert werden?", fragte sie und der Polizist nickte.
„Ja, zusätzlich wurden vor kurzem die Stahlkabel gefunden, die zur Verbindung mit dem Gegengewicht hier und dem eigentlichen dazugehörigen Aufzug standen."
„Ist Ihnen bei den Kabeln etwas aufgefallen?", fragte Conan.
„Natürlich, denn wir fanden deutlich mehr Stahlkabel als sonst."
„Mehr Stahlkabel?", wiederholten Takagi und Sato überrascht.
Conan lächelte.
„Jetzt sind wir der Sache einen kleinen Schritt näher gekommen."
Der Polizist sah ihn verwirrt an. Er schien die Lage noch nicht verstanden zu haben.
„Na, da ist es doch simpel. Liegt es dann nicht daran, dass die Seile an einer Stelle gerissen oder gar voneinander getrennt worden sind?"
„Aber ja doch.", murmelte Megure, als hätte er kapiert, was Sache ist.
„Dann wäre es doch besser, diese Seile genauer zu untersuchen, um herauszufinden, wie sie getrennt worden sind.", sagte Sato und wandte sich dem Polizisten zu. Dieser nickte und ging weiter seiner Arbeit nach.
„Leider ist das alles, was wir noch hier unternehmen können.", murmelte Takagi.
„Gut, dann gehen wir zum Unfallort im dritten Stock zurück. Vielleicht finden wir dort die Schrauben.", schlug Conan vor.
„Keine schlechte Idee. Wenn der Aufzug nach unten geschnellt ist, dann müssten die Schrauben am Gegengewicht weiter oben sein.", kombinierte Inspektor Megure.
„Gut geschlussfolgert, Inspektor.", lobte Conan und Megure lachte verlegen.
„Naja, man tut was man kann."
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„Ayumi…"
Sie hörte eine Stimme weit entfernt von ihr.
„Ah… Ai…"
„Ist alles okay?"
Ayame schlug die Augen auf. Als ihre Sicht klarer wurde, merkte sie, dass sie sich im Moment auf dem selben Stockwerk befand, auf welchen sie versucht hatte, den Aufzug aufzuhalten und die Frau aus dem Schacht zu befreien.
„Ist der Fieber vorbei?", fragte Conan, der direkt neben ihr auf die Hocke gegangen war.
Ayumi erschrak, als sie bemerkte, wie nah er an ihrem Gesicht war, während er mit seiner Stirn ihre Temperatur miss. Sie konnte seinen Atem und die Wärme seiner Stirn spüren
„Co-Conan?"
Ai seufzte erleichtert.
„Nein, momentan geht es ihr wieder besser."
„Wie jetzt, so schnell?", fragte er überrascht.
„Mich wundert es auch, wie schnell sich ihr Körper von so einem starken Fieber diesen Ausmaßes erholt hatte.", antwortete sie.
„Wie lange war ich weg?", fragte Ayumi im verzweifelten Ton.
„Schon eine ganze Weile.", erklärte Ai.
„Ich habe mir schon Sorgen um euch dreien gemacht. Wenigstens ist euch da oben nichts passiert.", erwiderte Conan erleichtert und lächelte.
„Ach so.", murmelte Ayumi.
„Stimmt etwas nicht?"
„Nein… mir geht's gut. Mir war nur ein wenig schwindelig, das ist alles."
„Du siehst ziemlich deprimiert aus. Ist aber auch wirklich alles okay?", bemerkte Ai und blickte Ayumi mit leichtem Misstrauen tief in die Augen.
Ayumi nickte. Dann wandte sie sich um und wollte aufstehen, als plötzlich…
„Hey, Finger weg von mir."
„Wir müssen Sie bitten, mit uns mitzukommen, es ist wichtig."
„'N feuchten Dreck werden Sie! Und jetzt lassen Sie mich endlich los, verdammt!"
„Nein…", murmelte Ayumi.
Das dürfte nicht wahr sein.
„Im Namen der Polizei bitte ich Sie ein letztes Mal mit uns mitzukommen, sonst sind wir gezwungen gewaltsam vorzugehen."
War das wirklich…? Diese Stimme… Langsam wandte sie sich um.
„Na gut. Ja, ich komme schon, verdammte Scheiße! Und fassen Sie mich gefälligst nicht an!"
Ayumi konnte es bei ihrem besten Willen nicht glauben.
Ein Polizist ging an ihr vorbei und direkt zum Inspektor.
„Wir haben die Schrauben und einen Verdächtigen gefunden, Herr Inspektor.", hörte Ayumi ihn sagen.
„Sehr gut, bringen Sie ihn her.", antwortete Inspektor Megure.
„Jawohl, er wird gleich hier sein."
Der Verdächtige kam ihr näher und warf ihr beim Vorbeigehen einen genervten Blick zu. Zu ihrem Glück war das alles, was er tat.
Als würde Ayumi's Herzschlag stillstehen. Conan und Ai beobachteten das mit einem sehr nachdenklichen Blick. Dann sahen sie sich gegenseitig an und nickten ernst.
Gar nichts war okay.
„Schön, dass Sie sich für uns Zeit genommen haben.", begrüßte ihn der Inspektor und der Mann rollte mit den Augen.
„Freut mich.", antwortete dieser emotionslos.
Ein wenig verwirrt, begann der Inspektor mit der ersten Frage.
„Wie lautet ihr Name denn?"
„Mein Name? Ist das auch wirklich nötig?"
„Aber sicher doch. Wir müssen doch wissen, mit wem wir es hier zu tun haben."
„Ich bin Herr Suzumura, nett sie kennenzulernen."
Suzumura, also…
„Hey, Sie sind doch der Mann, der Ayame vorhin angerempelt und angeschrien hat.", hörten sie jemanden hinter sich sagen.
Mitsuhiko und Genta standen direkt hinter Ayame und zeigten mit dem Finger auf den Mann vor ihnen.
„Ähhh… wie?", fragte der Inspektor verwirrt.
„Wovon redet ihr da, Kinder?", fragte Takagi.
„Wir waren dabei, als der Mann Ayame angerempelt hat.", erzählte Genta.
„Genau, und dann hat er sie auch noch beleidigt. 'Dumme Ziege' hat er gesagt!", sagte Mitsuhiko.
„Stimmt das, Mitsuhiko?", fragte der Inspektor, dessen Miene ernst wurde, als würde er diesem Mann jeden Moment eine auf die Fresse geben.
Mitsuhiko nickte.
Der Mann derweil kochte vor Wut und er war sowas von bereit ein Massaker einzuleiten. Mit hasserfüllten Gesicht starrte er auf die beiden Kinder und seine Miene machte ihnen so sehr Angst, dass die beiden sich hinter Ayame versteckten.
„Stimmt das, Herr Suzumura?", fragte Sato hinter ihm. Sie, Takagi und der Inspektor umzingelten ihn und die Spannung stieg, als der Mann in seine Jackeninnentasche griff, seine Jacke öffnete und…
„Aber natürlich, Herr Inspektor. Ich habe mich über etwas anderes beschwert. Da sind mir im Moment viele Dinge dazwischen gekommen und ich war sehr gestresst. Ich bin ein sehr beschäftigter Mann, müssen Sie wissen. Was euch Kinder anbelangt,…"
Er wandte sich Mitsuhiko und Genta zu und beugte sich zu den beiden.
„…es tut mir sehr leid. Da muss ich mich wirklich vor allem bei dir entschuldigen, Kleine. Mein Verhalten war nicht angemessen und als Erwachsener nehme ich jede Konsequenz an.", entschuldigte er sich und lächelte ihr zu. Dazu öffnete er sein Jackeninneres und zeigte den Polizisten den schon fast getrockneten Kaffeefleck.
„Das nimmst du mir doch nicht übel, oder?", fügte er hinzu.
Ayame starrte auf sein angsteinflößendes Lächeln, welches ihr signalisierte, dass sie bei einer kleinen falschen Antwort um ihr Leben betteln müsste. Dann schüttelte sie langsam den Kopf.
„Na schön, dann hat sich die Sache ja geklärt, oder Herr Inspektor?", fragte Herr Suzumura.
„Nun gut. Herr Suzumura, richtig? Bei Ihnen wurden 3 Schrauben gefunden, die womöglich von diesem Aufzug stammen, oder verstehe ich das falsch?", fragte Takagi.
Der Mann griff zur Antwort in seine Hosentasche und zeigte ihm die fehlenden Schrauben.
„Hier sind die Schrauben. Dann kann ich wohl jetzt gehen, oder?", sagte er unverschämt und wandte sich um.
„Moment noch, Herr Suzumura. Nicht so schnell.", sagte eine Kinderstimme hinter ihm und der Mann hielt inne.
„Häh?"
„Der Fakt, dass Sie die Schrauben bei sich haben, führt doch nur dazu, dass Sie einer der Hauptverdächtigen sind.", kombinierte Conan.
„Pass auf, Junge.", begann er und ging vor Conan auf die Knie, fast als wolle er ihn bemitleiden, dass er noch ein Kind war.
„Mit diesem Fall hier habe ich gar nichts zu tun, also hast du keinen Grund, mich an die Wand zu pferchen. Also warum verlässt du dann nicht einfach den Arbeitsplatz der Erwachsenen und gehst mit deinen Freunden hier spielen?"
„Sie reden wirres Zeug."
„Wie?"
„Wenn Sie unschuldig sind, dann beantworten Sie mir ein paar Fragen… Erstens: Wie kann ich mir sicher sein, dass Sie nicht der Täter sind?"
„Also…"
„Zweitens: Wie kann ich mir sicher sein, dass Sie nicht vorhatten zu flüchten, nachdem Sie die Schrauben aus dem Gegengewicht entnommen haben?"
„Was zum…?"
„Und Drittens: Wie kann ich mir sicher sein, dass Sie nicht im Geheimen beim Aufbau der vier Aufzugsschächte mitgewirkt haben?"
„Im Geheimen? Was…?"
„Wenn Sie diese Fragen nicht beantworten können, werden wir Sie unmöglich gehen lassen.", beendete er.
Langsam verschwand das Lächeln aus seinem Gesicht und er wurde ernst.
„Der Junge hat recht, Sie haben keine Beweise dafür, also bleiben Sie für diese Zeit hier.", befahl der Inspektor.
„Ich kenne diese Leute nicht einmal.", sagte dieser verzweifelt und zeigte mit dem Finger auf Herrn Inubuchi, Frau Nakayama und Herrn Watamine.
„Stimmt das?", fragte er und Herr Inubuchi und Frau Nakayama schüttelten beide die Köpfe, doch…
„Ich kenne ihn, Herr Inspektor."
Herr Watamine meldete sich zu Wort.
„Wirklich?"
„Was?"
„Er hat mir den Bauplan zugesendet, nachdem er fertiggestellt wurde. Er sagte mir, dass er sich selbst um den dritten Aufzugsschacht kümmern werde."
„Das ist gelogen! Ich kenne diesen Typen nicht einmal!"
„Aber Herr Suzumura, erinnern Sie sich dann also nicht an die Pläne?", fragte Herr Watamine.
„'N feuchten Dreck erinnere ich mich. Das Einzige, was ich weiß, war, dass die Schrauben einfach so in meiner Tasche gelandet sind."
„Das ist, weil Sie heute Nacht am Aufzugsschacht gearbeitet haben."
„Habe ich nicht, verdammt! Hören Sie gefälligst auf, mir hier irgendwelchen Scheiß zu erzählen!"
„Und wie kommen dann die Schrauben in ihre Hosentasche?", fragte Takagi.
„Das weiß ich auch nicht! Deswegen bin ich auch verwirrt darüber!", antwortete Herr Suzumura verzweifelt.
Der Inspektor sah sich dieses Chaos an und schüttelte den Kopf.
„Hören Sie, wenn wir hier einen Kompromiss finden wollen, dann müssen wir Schritt für Schritt vorangehen. Also bitte, Herr Watamine und Herr Suzumura…", sagte er.
„Setzen wir die Zeugenbefragung fort.", begann Sato und wandte sich Frau Nakayama zu.
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„Ich und Kasumi kennen uns seit dem Kindergarten. Ich habe sie lange Zeit für ihre soziale Stärke und Zielstrebigkeit bewundert. Sie machte selten Fehler und hatte sehr viel Erfolg in der Schule gehabt, ganz im Gegensatz zu mir. Doch während sie von lauter Jungs und Mädchen umringt war, hat sie mir von allen am meisten Aufmerksamkeit geschenkt. Das Geld, ihr weiblicher Charme und ihre Hilfsbereitschaft machten sie schließlich zur beliebtesten Schülerin der ganzen Schule. Trotz der unzähligen Liebesgeständnisse ihrer Klassenkameraden wurden sie alle abgelehnt und niemals habe ich auch nur ansatzweise erfahren warum."
„Woher kam dann der plötzliche Hass auf sie?", fragte Sato.
„Sie war perfekt. Zu perfekt. Immer wieder hatte ich Angst, ich wäre ihr eine Behinderung auf ihrem Weg ganz nach oben. Als sie da war, wusste ich nicht, was ich sagen wollte. Ich konnte nicht mit ihr mithalten."
„Und allein deswegen entschiedest du, sie in den Aufzug zu schubsen, oder?", brachte Herr Inubuchi von sich.
„Was?"
„Und dann kamst du auch noch darauf, die Aufzüge, die wir zu ihrem Geburtstag gemacht haben, zu benutzen, um sie umzubringen?"
„Nein, ich…"
„WEIẞT DU WIE LANGE WIR AN DEN PLÄNEN GESESSEN HABEN?", schrie er und das Echo seiner Stimme breitete sich im ganzen Stockwerk aus.
„Beruhigen Sie sich, Herr Inubuchi!", rief Takagi und hielt ihn zurück, noch kurz bevor er dabei war, sich auf sie zu stürzen.
„Das weiß ich doch nicht!", rief sie und begann erneut zu weinen.
„DANN BEWEISE ES! BEWEISE MIR, DASS DU KEINE SCHULD TRÄGST!"
Wütend warf sie ihre Handtasche auf den Boden, womit der meiste Inhalt von der Tasche auf den Boden fiel.
„HIER HAST DU DEINEN BEWEIS! ICH BIN UNSCHULDIG!", schrie sie ihn an.
Alle Augen waren auf den Inhalt der Tasche auf dem Boden gerichtet. Stille breitete sich aus.
„Aber das sind doch…", murmelte der Inspektor.
„Kein Zweifel…", murmelte Professor Agasa.
„Das sind Schrauben!", bemerkten Conan, Takagi, Sato und der Inspektor gleichzeitig.
„N-nein, das…", murmelte Frau Nakayama verzweifelt.
„Und das sind genau drei an der Zahl!", bemerkte ein Polizist.
„Da-Das… Das ist ein Missverständnis! Ich würde niemals so e-etwas tun! Ich… Ich sah zu, wie sie hinunterfiel!"
Sie wandte sich hilfesuchend um. Ein anderer Polizist trat vor und hob die Schrauben vom Boden auf, dann musterte er sie.
„Lassen wir das mal überprüfen. Wenn Sie erlauben Inspektor…?", fragte er und Megure nickte.
„Hier sind die anderen Schrauben vom Tatort.", sagte Takagi, gab dem Polizisten die Schrauben zum Vergleich und der Polizist hielt sie nah beieinander.
Nach einer Weile…
„Und?"
„Nein, Herr Inspektor.", sagte er und gab Takagi die Schrauben zurück.
„Wie nein?"
„Ich bin seit mehreren Jahren Fachmann in diesem Gebiet und kenne mich sehr gut mit Schrauben aus. Das sind unvergleichlich dieselben Schrauben wie aus dem Aufzug."
„Nein, das muss ein Irrtum sein!", rief die Frau.
„Wie Sie sehen, stehen die Fakten klar fest. Sie, Frau Nakayama, stehen unter strengem Verdacht, diese Tat begangen zu haben.", bestätigte der Inspektor.
Conan sah sich die Situation im Vollen und Ganzen an. Irgendetwas stimmte nicht. Zuerst wurde Herr Suzumura von Herr Watamine verurteilt, dann wurde Frau Nakayama von Herr Inubuchi verurteilt. Wie so oft sah es so aus, als wäre jeder der Schuldige in diesem Fall. Er musste etwas unternehmen, sonst würden sie nur noch im Kreis laufen.
„Herr Inubuchi, dürfte ich Ihnen eine Frage stellen?"
„Was ist, Kleiner?", fragte er genervt.
„Wo waren Sie, als meine Freunde Sie gefunden haben?"
„Ich war bei den Überwachungskameras, als plötzlich im gesamten Zimmer der Strom ausging. Ich habe mich natürlich gefragt, was das sein sollte und bin aus dem Zimmer gegangen, um mich umzusehen, denn auch da war der Strom weg und das Licht aus."
„Und als das Licht wieder an ging, hörten Sie die Schreie und wollten nachsehen, was passiert war, als Sie auf die Kinder trafen, richtig?", beendete Sato seinen Bericht und der Mann nickte.
„Genau."
„Na also, dann ist es doch nicht schwer herauszufinden, was genau nach dem Mordfall dort passiert ist.", sagte Conan und den Polizisten ging plötzlich ein Licht auf.
„Aber natürlich, die Überwachungskameras!", antwortete der Professor erstaunt.
„Führen Sie uns bitte dorthin.", sagte der Inspektor und Herr Inubuchi nickte.
„Aber sicher."
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Während der Inspektor, Takagi, Sato, Herr Inubuchi, Herr Suzumura, Herr Watamine und Conan zum Überwachungsraum gingen, wandte sich Ai Ayumi zu.
„Was war das?", fragte sie.
„Wovon redest du?"
Ai nahm ihre Hand. Sie fühlte sich kalt und verkrampft an.
„Du könntest wohl Mitsuhiko oder Genta hinters Licht führen, aber mich und Conan nicht. Warum macht dir dieser Herr Suzumura so eine Angst?", sagte sie und Ayumi zuckte bei ihrer Antwort. Sie wusste es also doch.
„Ist es wirklich nur wegen dem Vorfall vorhin mit ihm?"
Ayumi nickte.
„Sieh mich an.", sagte sie mit einer Mischung aus Ernsthaftigkeit und Besorgnis und Ayumi kniete sich zu ihr. Ai legte ihre beiden Hände auf ihre Schultern und sah ihr tief in die Augen.
„Ich bitte dich in Zukunft, rede mit uns, ja? Ich und Conan sind beide für dich da und wir würden dich niemals im Stich lassen. Du bedeutest mir, Conan, Mitsuhiko, Genta und dem Professor, mehr als du denkst. Also bitte… sag mir Bescheid, wenn du Hilfe brauchst."
Ayumi wollte nur noch heulen. Sie wollte nicht mehr. Sie konnte nicht mehr. Doch warum… warum wollte sie es ihr nicht sagen? Was hielt sie zurück?
(„Das sagt ihr immer.")
Stattdessen sagte sie…
„Danke, ich… ich werde es mir merken."
Sie ließ ihren leicht besorgten Blick für eine Weile auf sich ruhen. Dann seufzte Ai und lächelte erleichtert.
„Das bedeutet mir viel, Ayumi. Ich danke dir.", flüsterte sie und ließ ihre Schultern los.
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„Wie? Der Stromausfall vor kurzem hat die Überwachungskameras lahmgelegt?"
„Sie liegen richtig, Herr Inspektor. So wie es aussieht, fehlen Aufnahmen von 17:30 bis 17:35 Uhr. Damit ist wahrscheinlich die Zeitspanne gemeint, bei dem der Mord geschehen ist.", berichtete Herr Inubuchi, nachdem er die Aufnahmen analysiert hatte.
„Das bedeutet also, dass der Täter freie Bahn hatte und sich deswegen nicht mehr darum kümmern musste, von den Kameras gesehen zu werden.", kombinierte Sato.
„Sehr schlau eingefädelt vom Täter, das muss man ihm lassen.", kommentierte Herr Watamine.
„Und im Dunkeln bräuchte er auch nicht auf die Gefahr zu kommen, gesehen zu werden.", sagte Conan, doch dann kam ihm ein Gedanke.
Im Dunkeln? Moment mal…
„Können Sie die Aufnahme vielleicht einige Tage zurückspulen? Geht das?", fragte er Herrn Inubuchi.
„Einige Tage?", fragte Herr Suzumura verwirrt.
„Na schön, dann…"
Herr Inubuchi spulte die Aufnahme auf den Monitoren zurück.
15 Uhr… 10 Uhr…
Conan starrte gebannt auf die Bildschirme und achtete auf jedes kleinste Detail. Bis jetzt war nichts auf den Bildschirmen zu sehen, außer Einkaufsläden, die hier und da noch Kunden bei sich hatten, die danach im Rückwärtsgang die Läden verließen, welche kurz darauf von den Inhabern dieser Läden geschlossen wurden.
3 Uhr…
Immer noch nichts.
Das Datum und die Uhrzeit der Aufnahme zeigte auf dem Display 20 Uhr des gestrigen Tages…
„Nichts wirklich Bemerkenswertes, nehme ich an.", murmelte Herr Watamine und rieb sich am Bart.
23 Uhr… 13 Uhr…
Zwei Tage zuvor…
Besucher gingen. Besucher kamen. Die Läden schlossen und die Nacht brach an.
2 Uhr… 16 Uhr…
Drei Tage zuvor…
Wenn Conan richtig lag, müsste sich dort ein Hinweis verstecken, der sich womöglich sogar als nützlich für die Lösung dieses Falles entpuppt.
1 Uhr… 18 Uhr… 10 Uhr…
Vier Tage zuvor…
Alle starrten auf die Bildschirme.
5 Uhr… 3 Uhr…
„Stop!", sagte Conan und Herr Inubuchi hielt die Aufnahme an.
„Ich sehe jemanden.", fügte er hinzu.
„Wirklich?", fragten alle verwundert.
Die Uhr auf dem Display zeigte 2:17 Uhr.
„Dieses Datum… Das müsste der Tag vor der Eröffnung sein!", sagte Herr Watamine.
„Vor vier Tagen?", fragte Takagi, und Herr Inubuchi nickte.
„Genau. Am Tag danach sollte die Eröffnungsfeier stattfinden."
„Aber ist dir wirklich etwas aufgefallen, Kleiner?", fragte er.
„Natürlich, werfen Sie doch bitte einen Blick auf Kamera 02.", sagte Conan und deutete auf einen der Einkaufsgänge auf dem Bildschirm.
„Donnerwetter, da ist ein Schatten auf dem Bildschirm!", bemerkte Sato.
„Wo?", fragten der Inspektor und Herr Takagi gleichzeitig.
„Die Kameras haben in der Aufnahme noch kein Nachtvisier installiert bekommen, deswegen sind die Umrisse schwerer zu erkennen, aber sie sind da.", erklärte Herr Inubuchi.
„Das ist der Umriss einer Person.", sagte Herr Watamine.
Und tatsächlich… Die Aufnahme zeigte die schwarzen Umrisse einer Person, die mit Maske, einem Koffer und Handschuhen den Gang entlang lief. Sein Gesicht konnte man aufgrund der schlechten Bildqualität und der Maske nicht erkennen.
„Ganz richtig, und genau diese Person ist höchstwahrscheinlich unser Täter.", kombinierte Herr Suzumura.
Alle warfen einen genervten Blick auf ihn.
„Was? Ich sage doch nur, was ich denke, oder darf ich das nicht?", antwortete er empört.
„Sehen wir uns erst einmal an, was die Person in der Aufnahme macht.", schlug Conan vor.
Der in schwarz gekleidete Täter machte sich auf den Weg zum Aufzugsschacht, der in der Aufnahme zu diesem Zeitpunkt noch kurz vor der Fertigstellung gestanden hatte. Kamera 02 zeigte einen Teil des Flurs im dritten Stock des Einkaufszentrums. Trotzdem war dort ein kleiner Ausschnitt des Schachtes auf der Aufnahme zu erkennen.
„Sehen Sie, der Täter verschafft sich Zutritt zum Schacht.", bemerkte Herr Inubuchi, nachdem der Täter aus seiner Hosentasche einen Schlüssel herausnahm und diesen am Kontrollpanel einsetzte.
Die Tür zum Schacht öffnete sich und der Täter sah sich um. Dann drückte er den Knopf für den Aufzug, der diesen dann nach oben beförderte. Als der Aufzug im dritten Stock angekommen war und die Türen öffnete, ging die Person hinein und verschwand somit von der Aufnahme.
„Was will er damit bezwecken?", fragte Sato.
„Ganz einfach, vermutlich hat er vor, ans Dach zu gelangen. Dort kann er dann die Schrauben aus dem Aufzug herausnehmen und die Stahlseile mit einem Werkzeug anschneiden, aber nur so weit, dass es der Person ermöglicht, noch lebend aus dem Aufzug zu kommen.", erklärte Herr Watamine mit ernster Miene.
Dann geschah für eine Weile nichts, bis…
„Oh, der Täter kommt raus.", bemerkte Takagi.
„Was er jetzt wohl vorhat?", fragte der Inspektor.
Die Person in der Aufnahme ging zu seinem Koffer und nahm einige Schilder heraus.
„Moment, die Schilder kenne ich doch! Das sind die Schilder, die wir bei einem Defekt verwenden.", sagte Herr Watamine erstaunt.
Nun, da der Täter einer der Arbeiter sein müsste, konnte man die Kunden bei einem Fehler im System oder bei einem Unfall warnen und auf diese Weise auf besagten Unfall oder Systemfehler aufmerksam machen.
„Das können Sie erkennen?", fragte der Inspektor und blickte genauer auf den Bildschirm. Conan tat es ihm nach.
Der Inspektor hatte Recht. Die Auflösung der Aufnahme ist ziemlich klein, daher ist die Beschriftung des Schildes gar nicht oder nur sehr schwer erkennbar. Es könnte aber auch sehr wohl ein anderes Schild gewesen sein.
„Natürlich, so eins haben wir bei uns im Mitarbeiterraum. Ich würde es meilenweit erkennen können, da das genau der Sinn hinter dem auffälligen Design des Warnschildes ist.", erklärte Herr Watamine.
„Macht Sinn…", stimmte ihm Takagi zu.
Der Täter hängte eines der Schilder vor der Aufzugstür auf, dann verließ er die Kamera.
„Wo ist er jetzt hin?", fragte Conan.
„Lass mich nachsehen… Hier, bei Kamera 06 im Zweiten Geschoss.", bemerkte Herr Inubuchi.
Als der Täter vor dem Aufzugsschacht des zweiten Stocks stand, nahm dieser das gleiche Schild heraus und hängte es an die Aufzugstür. Dieser Prozess wiederholte sich, bis der Täter im Erdgeschoss war.
Damit wollte der Täter in Schwarz wohl sicherstellen, dass niemand außer dem Opfer diesen Aufzug nahm, dachte Conan.
Doch dann passierte etwas, womit niemand in diesem Raum rechnete. Plötzlich legte der Täter in der Aufnahme den Koffer auf den Boden und hob beide Hände zum Kopf. Dann, zur Überraschung von Conan, Takagi, Sato und dem Inspektor zog er die Maske langsam vom Kopf und die langen Haare des Täters kamen zum Vorschein.
Der Inspektor konnte seinen Augen nicht trauen.
„Was hat das zu bedeuten?"
Dann konnte jeder einzelne in diesem Raum das Gesicht des Täters sehen. Und sie erkannten es alle.
„Ist das nicht…?"
„Aber das ist doch…?"
„Das kann nicht wahr sein…"
„Ich glaub's nicht…"
Conan starrte nur gebannt auf den Bildschirm. Was für ein vertracktes Spiel wurde hier gespielt?
Der Täter in Schwarz sah sich um, dann blickte er in die Kamera und grinste.
– Kapitel 24 ENDE –